Kastanien-Lege 2011

Diesmal über der Alster

 

Ort: Straßenbrücke Ohlsdorfer Schleuse, Am Hasenberge

Zeit: 28. September 2011, ca. 15:15-16:30 Uhr

Der Ort

Die Brücke bietet für das Legen gute Bedingungen, da man sich nicht einmal zu bücken braucht. Auf der anderen Brückenseite toben Abrissarbeiten zum Neubau der Ohlsdorfer Schleuse.

Die Kastanienlege

Die Sonne wärmte, so dass das Legen fast einschläfernd war, so kamen zum Teil fast ganz unbewusst gelegte Linien heraus. In der Stunde des Legens kamen viele Menschen vorbei, manche fragten nach dem Sinn der Arbeit, die meisten lobten die Schönheit und die gute Idee. Ein Junge sprach von einer Slalom-Schlange.

Die an einem Nachmittag gesammelten Kastanien reichten ziemlich exakt für die Brücke aus.

   
   
       

Später

Wir gönnten uns ein schönes Stück Schwarzwälderkirschtorte und kamen nach etwa einer Stunde zurück. Was wir sahen, war bitter: Die Kastanien waren verschwunden. Nur eine kleine Strecke war geblieben und die zeigte die Buchstaben "HAMBURG".

       
     

Ein Paar kam hinzu und zeigte sich ebenfalls enttäuscht. Die Frau hatte aus den noch liegenden Kastanien - da waren es noch alle gewesen - das Wort "HAMBURG" geformt und die beiden waren zurück gekommen, um das Alles zu fotografieren. Nun konnten sie nur noch das Werk der Frau ablichten. - Ein wenig Stolz war den beiden dennoch anzusehen.

Diese erneute Erfahrung, wie wir sie nun schon in mehreren Jahren machten, dass so ein freies Kunstwerk, das von vielen Passanten als sehr schön bezeichnet wurde, regelmäßig schon nach wenigen Momenten oder Tagen so radikal vernichtet wird, ist im ersten Moment einfach bitter.

Wie interpretieren die Menschen eine Kastanienlege? Manche sicherlich als gute Idee und als Kunstwerk. Aber andere (es reicht ja schon einer aus) reizt so eine Ansammlung von Kastanien einfach zum Spielen damit: Es muss Vergnügen bereiten, die vielen Früchte nacheinander in die Alster zu schnippen. Dass diese lange Schlange ein Gesamtes, offenbar von anderen Menschen Geschaffenes ist, das man damit vernichtet, beachtet so ein Mensch in dem Moment nicht. - Wie blind muss man dazu sein? - Oder die Zerstörung wird bewusst ausgeführt. Ist das als "böse" zu bezeichnen?

Besonders interessant ist der Unterschied, der bei der Zerstörung gemacht wurde: Das, was auf ersten Blick einen Sinn, einen sprachlichen Sinn ergibt, der gelegte Name der Stadt, wird heil gelassen. Einige Passanten hatten uns gefragt, ob man die Kastanienlege lesen könne. Eine These: Wenn die Menschen in Zeichen, die ganz offensichtlich andere Menschen gesetzt haben, einen Sinn suchen und diesen nicht entziffern können, dann reizt es sie, diese Zeichen zu zerstören.

Die vertrauten Zeichen dürfen bleiben, der Rest wird vernichtet.

Es bleibt eine kleine Hoffnung: Vielleicht fand ein Mensch die Idee so gut, dass er die Kastanien eingesammelt hat, um irgendwo anders eine eigene Kastanienlege zu errichten. (Warum hat ihn keiner daran gehindert?)